Bürgerdialog zur Sicherheit von Nanomaterialien mit Empa-Nanoexperte

BürgerInnen fordern genauere Erforschung von Nano-Risiken

Oct 8, 2008 | MICHAEL HAGMANN
Die Nanotechnologie verspricht vieles, vom kratzfesten Autolack über «unverschmutzbare» – und dann auch noch geruchsneutrale – Kleidung bis hin zu neuen, Ressourcen schonenden Produktionsverfahren. Doch wie sieht es mit den Risiken aus? Wie wirken etwa Nanopartikel, die bereits in zahlreichen Produkten enthalten sind, auf Mensch und Umwelt? Um Fragen wie diese ging es im 2. Bürgerdialog «NanoCare», der kürzlich im Deutschen Museum in München stattfand.
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Legende: Der «nanoTruck», die neuste Informationskampagne zur Nanotechnologie des deutschen Bildungsministeriums, war für den 2. Bürgerdialog über die Sicherheit von Nanomaterialien nach München gereist.

Mit dabei war auch Harald Krug, Empa-Toxikologe und Leiter des NanoCare-Projekts, einem von der deutschen Regierung finanzierten Konsortium von 16 Forschungsinstituten und Industriepartnern. Dabei wurde klar: Die Nano-Sicherheitsforschung sollte deutlich ausgebaut werden.


Das am 1. März 2006 gestartete NanoCare-Projekt soll die Auswirkungen industriell hergestellter Nanopartikel auf Gesundheit und Umwelt untersuchen – und die Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit vermitteln. «Neue Technologien wie die Nanotechnologie können immer auch Risiken für Gesundheit und Umwelt mit sich bringen; eine vollkommen risikofreie Technologie existiert nicht», so der Empa-Forscher Harald Krug. Um das enorme Potenzial der Nanotechnologie verantwortungsvoll und sicher zu nutzen, müssten daher auch die Auswirkungen neuer Materialien auf Mensch und Umwelt genau erforscht werden. «Sollten sich beispielsweise bestimmte Nanopartikel als gesundheitsschädlich erweisen, dann muss die Gesellschaft das wissen. Daher legen wir im NanoCare-Projekt auch so viel Gewicht auf den Dialog mit der Öffentlichkeit», erklärt Krug, der sich bereits seit Jahren bei ähnlichen öffentlichen Plattformen engagiert.

 
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Im doppelstöckigen Ausstellungs- und Kommunikationszentrum des «nanoTruck» informieren sich die BesucherInnen vom 2. Bürgerdialog «NanoCare» zu «Hightech aus dem Nanokosmos».
 

Jedes Nanopartikel verhält sich anders – und muss separat untersucht werden

Der erste Bürgerdialog fand bereits im März in Hamburg statt, ein dritter folgt im November in Dresden. In München musste sich die Veranstaltung gegen die Konkurrenz der Wiesn – und strahlendes Wetter – behaupten; trotzdem fanden rund 50 Teilnehmende den Weg in den Ehrensaal des Deutschen Museums. Ihre Fragen spiegelten häufig das gleiche Gefühl: einerseits Neugier aufgrund der zahlreichen bereits erhältlichen Nano-Produkte, andererseits Unsicherheit ob der vielen, teils widersprüchlichen Medienberichte über diese oder jene Risiken.

 

«Die Frage „Ist Nanotechnologie schädlich?“ lässt sich allerdings so pauschal nicht beantworten», sagt Harald Krug. Generell werde derzeit angenommen, dass eine gesundheitliche Gefährdung vor allem von freien Nanopartikeln ausgehen könne, die etwa über die Lunge in den Körper eindringen. «Und die müssten wir nun alle toxikologisch testen», so Krug. Keine einfache Aufgabe, denn (fast) jede Substanz lässt sich auch als Nanopartikel herstellen.

Doch einiges haben die Toxikologen schon herausgefunden. So gibt es laut Krug noch keinerlei Anzeichen dafür, dass Nanopartikel, wie sie etwa in Sonnenschutzcremes enthalten sind, die (gesunde) Haut durchdringen. Hier könne eine Gefährdung ausgeschlossen werden. Anders sieht es in der Lunge aus. Verschiedene Studien haben in Tierversuchen gezeigt, dass besonders lange, mehrwandige Kohlenstoff-Nanoröhrchen nach Inhalation Effekte wie Entzündungen und ähnliches hervorrufen können. «Nach unserem derzeitigen Wissensstand sollte man es vermeiden, lange, mehrwandige Kohlenstoff-Nanoröhrchen in grösseren Mengen in die Luft zu blasen», so Krugs Fazit. Das bedeute aber keineswegs, dass diese «Nanotubes» generell «gefährlich» seien. Sind die Röhrchen im Material fest eingebunden, etwa in einem Fahrradrahmen oder einem elektronischen Bauteil, dann sei die Expositionsgefahr logischerweise sehr gering.

 
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Die rund 50 Teilnehmenden am 2. Bürgerdialog von «NanoCare» im Ehrensaal des Deutschen Museums in München. Ihre Fragen waren geprägt einerseits von Neugier aufgrund der bereits erhältlichen Nano-Produkte, andererseits von Unsicherheit wegen Medienberichten über diese oder jene Risiken.
 

Innovationsmotor Nanotechnologie

Eine sichere Nanotechnologie liegt auch im Interesse des Staates – in diesem Fall Deutschlands, dessen Regierung sich von der Nanotechnologie einiges verspricht und deshalb das Projekt NanoCare mit umgerechnet rund acht Millionen Franken unterstützt. Nach jüngsten Schätzungen dürfte die Zahl der «Nano-Arbeitsplätze» allein in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in den nächsten fünf Jahren von derzeit 27'000 auf über 43'000 ansteigen. Aus diesem Grund hat Deutschland die staatlichen Fördermittel für die Nanotechnologie in den letzten zehn Jahren vervierfacht – und letztes Jahr die «Nano-Initiative – Aktionsplan 2010» lanciert.

Trotzdem bestehen noch Defizite: Wenn es nach den Teilnehmenden am Bürgerdialog geht, dann muss in Zukunft auch die Nano-Sicherheitsforschung deutlich ausgebaut werden. Harald Krug nimmt das Votum nickend entgegen. «Genug zu tun hätten wir auf jeden Fall», so der Toxikologe.

 


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